26. Januar 2012

Abwesenheitsnotiz

Könnte ich mein Leben nochmals leben,
dann würde ich das nächste Mal versuchen, mehr Fehler zu machen.
Ich würde mich entspannen, lockerer und humorvoller sein als dieses Mal.
Ich kenne nur sehr wenige Dinge, die ich ernst nehmen würde.
Ich würde mehr verreisen - und ein bisschen verrückter sein.
Ich würde mehr Berge erklimmen, mehr Flüsse durchschwimmen
und mir mehr Sonnenuntergänge anschauen.
Ich würde mehr spazieren gehen und mir alles besser ansehen.
Ich würde öfters ein Eis essen und weniger Bohnen.
Ich hätte mehr echte Schwierigkeiten und weniger eingebildete.
Müsste ich es noch einmal machen, ich würde einfach versuchen,
immer nur einen Augenblick nach dem anderen zu leben,
anstatt jeden Tag schon viele Jahre im voraus.

Ich gehörte immer zu denen, die nie ohne Thermometer, Wärmflasche, Gurgelwasser, Regenmantel und Aspirin aus dem Haus gingen.
Könnte ich noch einmal von vorne anfangen, würde ich viel herumkommen, viele Dinge tun und mit wenig Gepäck reisen.
Könnte ich mein Leben nochmals leben, würde ich im Frühjahr früher und im Herbst länger barfuß gehen. Und ich würde öfters die Schule schwänzen.
Ich würde mir nicht so hohe Stellungen erarbeiten, es sei denn, ich käme zufällig daran.
Auf dem Rummelplatz würde ich viel mehr Fahrten machen, und ich würde Gänseblümchen pflücken.
Aber sehen Sie ...
ich bin 85 Jahre alt und weiß, dass ich bald sterben werde.


***
Leider ist mir der Verfasser des Textes unbekannt (stammt angeblich aus dem Brief eines Mönchs). Ich fand den Text einfach schön (und ja, auch kitschig! Aber das darf - nein, muss - manchmal auch sein.). So, und jetzt gehe ich es gleich mal an mit dem Verreisen und mir alles besser ansehen. CU!

16. Januar 2012

Fisch ist gut, aber aus

Patrick Müllers "Russisches Ei", Oktober 2011
Die Umweltberatung informiert, dass Österreichs Fischreserven für das heurige Jahr (!) bereits nach rund zwei Wochen aufgebraucht sind. Der so genannte Fischabhängigkeitstag ist ein errechnetes Datum und gibt den Grad der Selbstversorgung eines Landes mit Fisch an. Dieser wurde für Österreich am 16. Jänner erreicht :-( - für die gesamte EU ist der Fischabhängigkeitstag übrigens am 2. Juli.

Naja, als Binnenland hat man es nicht leicht. Ich glaub, ich muss mir was von den skandinavischen Ländern ausborgen, die können dafür meinen Anteil an Wiener Schnitzeln haben...

Fischfreier Tag, aber das Brot ist vom Pheinsten :-)
Beim Fischkauf sollte man auf heimische Forellen, Alpenlachse (ist eine Saiblingsart, die besonders viel Omega-3-Fettsäuren enthält und auch sehr lecker schmeckt) und Karpfen zurückgreifen bzw. auf die Zertifizierung (MSC-Gütesiegel, Alpenlachs, ARGE Biofisch) achten, rät die Umweltberatung. Um den Körper ausreichend mit Omega-3-Fettsäuren, Vitaminen, Jod etc. zu versorgen, empfiehlt die Umweltberatung als Fischalternativen zu Walnüssen, Soja, grünem Gemüse (Spinat, Kohl, Kohlsprossen), Leinöl und Rapsöl zu greifen. Ob die Kohlsprosse in der Salzkruste ebenso mundet wie die Brasse, muss frau allerdings stark bezweifeln :-(

15. Januar 2012

Plädoyer für einen vegetarischen Franzosen...

... oder einen französischen Vegetarier. Wie auch immer. Die französische Küche hat es in der Wienerstadt ja nicht leicht. Aus mir unerfindlichen Gründen setzte sie sich hierorts nie so richtig durch. Sehr schade! Andererseits hat die vegetarische Küche in Frankreich auch keinen Stockerlplatz. Hm... frau am köcheln hat sich jedenfalls einen französischen Klassiker zur Brust genommen und eine vegetarische Variante daraus gebastelt. Aus Boeuf bourguignon wird also 

Tofu  bourguignon ;-) - 2 Portionen

Da freut sich die Kuh - am Teller: Tofu ;-)
1 Block Räuchertofu
1 EL getrocknete Steinpilze (oder ein paar frische Champignons)
2 EL Sojasoße, Pfeffer
1/2 Zwiebel
1/2 roter Paprika 
1/8 l Rotwein
2 Essiggurkerl
ein paar kleine Salzkapern
Kreuzkümmel, Salz,englischer Senf
gehackte Petersilie
2 EL Rahm 
1/2 TL Maisstärke

Räuchertofu und Pilze in Sojasoße marinieren und pfeffern, etwas stehen lassen. Gehackte Zwiebel in Olivenöl anrösten, Tofu, Pilze und den klein geschnittenen Paprika dazugeben und kurz weiterrösten. Mit Rotwein aufgießen und dünsten. Klein geschnittene Gurkerl, Kreuzkümmel, Salz, Senf unterrühren und weitere 5 Minuten dünsten. Rahm mit Maisstärke glatt rühren und binden. Zum Schluss noch gehackte Petersilie dazugeben. Sehr würzig und gar nicht fad! 

Naja, die Küchenkatze war ein bisserl enttäuscht angesichts des fehlenden Boeufs :-( Aber solange sich in ihrem privaten Napf "schonend gegarte Fleischstücke" oder ähnliches aus dem lila Beutel befinden, dies also eine garantiert tofufreie Zone bleibt, soll es ihr recht sein, meint sie.

9. Januar 2012

Wie uns das Kraut zur Gelassenheit verhilft

Ja ja, auch frau am köcheln hat Neujahresvorsätze und zwar: etwas (ein bisschen wenigstens!) buddhistische Gelassenheit und einen schönen Kopfstand ohne Umfaller. Oder zumindest gelassen zu bleiben, wenn ich umfalle ;-). Der sich in Riesenschritten nähernde erste Urlaub in diesem Jahr wird bezüglich Gelassenheit und Langsamkeit wohl einiges vorlegen: Die Reise geht nach Laos...

Doch noch befinden wir uns in der zu dieser Jahreszeit überaus grauen Wienerstadt. Nachdem das Angebot an heimischem Gemüse am Markt derzeit  überschaubar ist, gibt es heute schon wieder (!) Kraut, diesmal aber auf indische Art.

Gemüse schnippeln kann ja durchaus als etwas Meditatives gesehen werden -  vor allem, wenn man in indischen Großfamilienmengen kalkuliert. Und so ist ein solches Gemüsegericht nicht nur ein gesundes, leckeres Essen, sondern bringt ganz nebenbei auch gleich etwas Gelassenheit für die Köchin mit sich :-). Ist doch super und vollkommen unterschätzt, so ein Kraut!

Kraut, indisch (Menge für mitteleuropäischen Kleinhaushalt)

1 EL Ghee (oder Pflanzenöl)
1 TL schwarze Senfkörner
3-4 Curryblätter
Kurkuma und Chilipulver nach Geschmack
1/2 Krautkopf
ca. 100 ml Kokosmilch
etwas Wasser
Salz, etwas Zitronensaft

Das Kraut fein schneiden. Die Senfkörner kurz in Ghee anrösten (Vorsicht, die hüpfen!), die zerkrümelten Curryblätter, Kurkuma, Chilipulver und das Kraut dazugeben und weiterrösten. Mit Kokosmilch und Wasser aufgießen, salzen und das Kraut weich dünsten. Mit Zitronensaft abschmecken. Dazu passt Basmatireis.

8. Januar 2012

Draußen grau, drinnen grün

Nachdem es draußen immer noch grau in grau und vor allem ziemlich nass ist, bleiben wir wieder einmal in der Küche. Heute darf  ein frisch-fruchtiges grünes Tartare unsere geliebte Pasta begleiten.

Linguine mit Avocadotartare (und Garnelen)

Für das Tartare eine sehr reife Avocado schälen und den Kern entfernen. Das Fruchtfleisch in kleine Stücke hacken und anschließend mit einer Gabel etwas zerdrücken. Sofort mit dem Saft einer halben Zitrone vermengen und mit Salz und Poivre 5 Baies (bzw. gemahlenem Pfeffer) würzen. Eine gehackte Knoblauchzehe und etwas Obers (bzw. Soja Cuisine) mittels Gabel untermischen. Garnelen mit Kräutersalz würzen und in Olivenöl braten. Die al dente gekochte Pasta mit dem Avocadotartare und den Garnelen anrichten. Das Tartare schmeckt übrigens auch ohne Garnelen gut :-).

3. Januar 2012

Krautsuppe mit Migrationshintergrund

Eine Presseaussendung mit dem Titel "Kundenbindung: Essensautomaten schätzen Alter" informiert uns heute über eine Produktinnovation, auf die die Lebensmittelindustrie große Hoffnungen setzt: Der US-Multi Kraft Foods testet zurzeit Lebensmittel-Ausgabeautomaten, die mittels Gesichtserkennungssoftware das Alter und Geschlecht des Käufers ermitteln sollen. Ziel ist - natürlich - ein selektives Ansprechen verschiedener Zielgruppen. "Beim aktuellen Versuch wird eine Süßigkeit verteilt, die sich wegen ihrer aufreizenden Vermarktung speziell an Erwachsene richtet. Um eine Gratis-Probe zu erhalten, müssen Neugierige sich erst einer Altersprüfung unterziehen."

Nicht-jugendfreie Süßigkeiten? Aha. Sex sells sweeties. Darauf haben wir gewartet. Was werden wir künftig noch alles mit uns machen lassen, um Gratisproben abzustauben oder gar Produkte regulär kaufen zu dürfen? Vor dem Kauf einer Tafel Schokolade eine Harnprobe abgeben? Oder macht der Würstlstandler einen Bluttest, ob die Cholesterinwerte eh passen, bevor er die Käsekrainer auf den Griller legt? Crazy world das...

Weil die Tage immer noch kurz und trüb sind, köcheln wir uns heute ein schnell zubereitetes, pikantes Krautsüppchen.

Krautsuppe mit Migrationshintergrund
Ein einsames Krauthappl - und weit und breit keine Küchenkatze zu
sehen. Denn die interessiert so ein Kraut sowas von überhaupt nicht!

Olivenöl
1/2 Zwiebel
2 TL süßes Paprikapulver
1 EL Apfelessig

1/2 kleiner Krautkopf
2 Erdäpfel
5 EL gewürfelte Tomaten oder Tomatensugo
Salz, Pfeffer

1 l Wasser
1 Gemüsebrühwürfel
1 Lorbeerblatt
1 TL gemahlener Kümmel
1-2 TL Harissa-Pulver (oder -paste)


Kraut und 
Zwiebel fein schneiden. Zwiebel in Olivenöl anrösten. Paprikapulver dazugeben und mit dem Essig ablöschen. Kraut dazugeben und kurz weiterrösten. Mit dem Wasser aufgießen, Gemüsebrühwürfel, Salz, Pfeffer, gewürfelte Tomaten, Lorbeerblatt, Kümmel und Harissa einrühren. Das Kraut weich kochen und abschmecken.

Der Migrationshintergrund der Suppe ergibt sich aus dem Hinzufügen des Harissa. Ist mal was anderes als die klassische k&k-Variante mit scharfem Paprikapulver.

Harissa ist eine aus dem nordafrikanischen Raum stammende scharfe Gewürzpaste. Sie besteht meist aus Chili, Kreuzkümmel, Koriandersamen, Knoblauch, Salz und Olivenöl. Die Paste kann man selbst herstellen oder bereits fertig kaufen. Neben der Paste gibt es Harissa auch als Gewürzpulver, wie im Rezept oben verwendet.

Aktuelles Küchenlied: Thx to Christiane Rösinger / Hauptsache raus
"Ich war beim Wrestler und beim Knochenmann / ich war mit Benno Fürmann in Afghanistan / ich war mit Mausi Lugner auf dem Opernball / ich geh überall hin, ich schau mir alles an / .../ doch ich tu' was ich kann und ich lass' mich nicht geh'n, mich wird keiner am Boden seh'n/.../ ich wart' bis das Elend hinter mir liegt und die Gerechtigkeit auch mal wieder siegt"

Apropos Kino: The Ides of March. Anschauen und drüber reden, wie sich Stephen am Ende entscheidet.

2. Januar 2012

Apulisch in Rudolfsheim

Heute mal eine klassische Text-Bild-Schere: Anstatt Il
Tavoliere sehen Sie hier Silvester in der Wienerstadt.
Es zahlt sich doch manchmal aus, sich über den Gürtel hinaus in die äußeren Bezirke vorzuwagen. Im nämlichen Fall in den 15. Bezirk. Auch wenn die überwiegende Mehrheit der in Rudolfsheim-Fünfhaus anzutreffenden Lokalitäten Namen wie Café Bingo, Harry Pizza oder Kebabhaus Ahmet trägt und dementsprechend Toast, Durchschnittspizza oder eben Kebab bietet. Was sich wiederum natürlich nicht nur auf diesen Teil der Wienerstadt beschränkt.

Ein paar Lokalempfehlungen gibt es natürlich schon: So ist das Gasthaus Quell empfehlenswert für Fleischtiger und Fans der Wiener Küche, während  die über die Bezirksgrenzen hinaus bekannte Hollerei für die ordentliche Versorgung der fleischlosen Abteilung zuständig ist. Vietnamesisch wird im - no na - Good Morning Vietnam und im Hanoi gekocht. Und das Bier danach trinkt man natürlich im Blue Tomato. Und dann gibt es noch seit vergangenem Jahr das Ristorante Il Tavoliere.

Man vermutet in dieser Gegend ja keine zwei- bis dreifach bemützte Küche und auch das Lokal sieht jetzt nicht nach gehobener Gastronomie aus. Zum Glück gibt es manchmal auch positive Überraschungen...

Zu Beginn wird man gleich einmal persönlich vom Chef begrüßt, was sehr sympathisch ist. Auch die Speisenbestellung nimmt er selbst entgegen. Wer ein "Tartara di Orata all'arancia" bestellt, kann sich sicher sein, dass die Vorspeise frisch auf den Tisch kommt. Denn die Zubereitung erfolgt - ebenfalls durch den apulischen Chef höchstpersönlich - vor den Augen der Gäste und steigert derartig den Appetit, dass es unbeschreiblich ist (und ich hatte leider keinen Fotoapparat dabei!). Für das Tartare wurde das Fischfleisch mit einem scharfen Messer von den Gräten und der Haut separiert, dann gehackt, eine Orange und ein scheinbar sehr reifer Paradeiser darüber ausgequetscht (woher nimmt der die im Winter?), dann wurden noch Zwiebel, Gewürze und Kräuter (und sonst noch etwas?) untergemischt. Aus dem Tartare wurden hurtig Nockerl geformt, die uns postwendend auf getoastetem Brot serviert wurden. Ecco fatto! Allein die Show war das Geld wert. Das Tartare war aber auch wirklich köstlich.
Heuer schon Schwein gehabt? © Fotos: C. Koller 

Auch die Nudelgerichte (Fischlasagne, Jakobsmuscheln) mundeten. Ein Faux pas der Küche wurde durch einen Teller Profiteroles als "Nachtisch vom Haus" wieder ausgeglichen. Zum Essen (neben Pasta, Fisch- und Fleischgerichten gibt es auch Pizza) findet man in der großen Auswahl an Flaschenweinen sicherlich auch das richtige Tröpfchen.

Gewöhnungsbedürftig ist einzig die Gestaltung des Restaurants (bloß nicht zur Decke schauen, dort befindet sich eine grausliche Kopie - oder ist das Ironie? Der Mann ist doch Italiener! - von Michelangelos Erschaffung Adams. Aber es gibt auf dem Tisch ohnehin erfreulichere Dinge anzuschauen). Allerdings befindet sich das Lokal gerade in der Umbauphase, und zur Toilette geht man durch eine Baustelle, also kann das ja noch besser werden. 

Sollten Sie in der Gegend sein, besuchen Sie diese Kochshow!